Tod und Ewiges Leben in prächtigem Stimmenklang

Rossinis Stabat Mater: Evangelische Kantorei St. Goarshausen sorgt in katholischer Kirche für eindrucksvolles Erlebnis

 

 ST.GOARSHAUSEN/RHEIN-LAHN. (27. November 2018) Allein für das furiose Finale war das Konzert der evangelischen Kantorei St. Goarshausen am Toten- und Ewigkeitssonntag einen Besuch wert. Neben einer wunderbaren Kantate des Zeitgenossen Gustav Gunsenheimer stand Rossinis „Stabat Mater“ auf dem Programm, das begleitet von der russischen Kammerphilharmonie St. Petersburg und mit vier brillanten Solisten zum musikalischen Erlebnis wurde.

 

Der Opern-Komponist Rossini lässt sich von den ersten Tönen an nicht verleugnen. Dramatisch, ja geradezu hoch theatralisch mutet an, wie Rossini das Leiden der Mutter unter dem Kreuz musikalisch umsetzt. Natürlich lässt sich das Werk auch zur Passionszeit aufführen, aber was soll Christen am Gedenktag für die Verstorbenen des Jahres mehr trösten als das Leiden Jesu und die Gewissheit, das diesem durch die Auferstehung ein Ende gesetzt wurde? Und darin bestärkt Rossinis Werk die Zuhörer durch eine immer wieder auch bemerkenswerte Leichtigkeit in seiner Komposition.

 

So kraftvoll die Einleitung mit dem Chor, so liebevoll klingt es immer wieder in den folgenden Arien, Duetten und im Quartett der Solisten und das ob des Schmerzes, der da in lateinischer Sprache besungen wird. Auffallend leicht und flott berühren beispielsweise Melodie und Rhythmus im Quartetto, in dem die vier Solisten Leid, Pein und Kreuz mit der Mutter Maria teilen wollen.

 

Herausragend die Stimme von Joaquin Asiáin aus Stuttgart. Die Ausdrucksstärke des Tenors füllt den sakralen Raum der katholischen Kirche sehr ergreifend. „Alles Leid hielt sie umfangen, das nur je ein Herz durchdrang“ – das kommt mit jener Eindringlichkeit, ja fast schon Kampfgeist daher, wie es der Komponist für die große Opern-Bühne ersonnen haben könnte. Die Solistinnen stehen dem in nichts nach. Wunderschön die Cavatina von Susanne Oehm-Henninger aus Bad Mergentheim, mit dem die Mezzosopranistin Tod und Leiden Christi fühlen lässt.

Kraftvoll, klar und tragend lässt Sopranistin Ramona Friedrich aus Forchheim zum Ende des Werkes die Flamme des jüngsten Gerichts im Gotteshaus auflodern. Bassist Michael Wolfrum aus Bayreuth brilliert mit seiner einfühlsamen Stimme im Wechselspiel mit der Kantorei.

 

Allzu viele Einsätze hat der 32 Stimmen umfassende Chor nicht. Wenn er aber gefragt ist, dann überzeugt er mit einer außerordentlichen Präsenz und großartiger Reinheit im Ton auch in den höchsten Lagen. Das wird besonders hörbar im fünften a-Capella vorgetragenen Satz, in dem die Männerstimmen ähnlich des Gesangs von Mönchen einsetzen, bevor die Frauenstimmen mit ihrem Liebesbekenntnis zu Jesus und Gott sauber hinzukommen. Schon in Gustav Gunsenheimers entzückend ruhiger und tröstlicher Kantate „Heilger Geist, du Tröster mein“, mit dem der Abend beginnt, zeigt sich die Kantorei von der einstimmigen Einleitung bis zum mehrstimmigen Credo sehr homogen und diszipliniert mit einer deutlichen Artikulation.

 

Und dann beschließt dieses grandiose Rossini-Finale das konzertante Erlebnis. Dekanatskantor Markus Ziegler spornt die ohnehin mit viel Leidenschaft agierende russische Kammerphilharmonie St. Petersburg noch einmal zu einer schier furiosen Jagd nach „Himmels-Seligkeit“ an, die trotz Kammerorchester-Fassung von Joachim Linckelmann in St. Goarshausen gewaltig ins Kirchenschiff ausstrahlt. Ziegler verlangt seinem Chor ein stürmisches Stimmen-Meer ab, das die Besucher bewegt, das ein Stück Ewigkeit unter dem Loreleyfelsen erklingen lässt. Begeisterter Beifall vom aufgestandenen Publikum. Bernd-Christoph Matern

Wer mehr von der evangelischen Kantorei St. Goarshausen hören möchte, kann sich über einen Flyer mit dem Jahresprogramm 2019 informieren, den Sie hier herunterladen können.

Zu den Fotos:
Die evangelische Kantorei St. Goarshausen im Dekanat Nassauer Land sorgte in der katholischen Kirche der Loreleystadt für ein furioses Musikereignis mit Rossinis Stabat Mater, dem eine Kantate von Gustav Gunsenheimer vorausgegangen war. Fotos: Matern

 

Aus: http://www.evangelisch-nassauer-land.de/index.php/9-nachrichten/164-kantorei-laesst-leid-und-ewigkeit-in-furioser-klangpracht-lebendig-werden

Geschrieben von Bernd-Christoph Matern